Freitag, 28. März 2014

Fischkuchen? - Smörgåstårta! - 28.03.2014

Ich bin hier in einer netten Runde von deutschen Mamas, die sich gelegentlich zum Kaffeetrinken oder Frühstücken treffen. Manche sind schon lange da, manche wohnen "richtig" hier, und manche sind sogar neuer als ich (ha!). Und da man auf diesen Frühstücken neben netter Unterhaltung auch alle Alterfahrenen nach Tips und Tricks fragen kann, gehe ich sehr gerne hin.

Dabei habe ich das letzte Mal eine sehr spezielle, schwedische Spezialität kennengelernt: Smörgåstårta:

Hier, wie man sieht, mit Krabben und Fischeiern und mehr Fisch in der Mitte. Gibt es aber auch mit Fleisch.

Smörgås ist im weitesten Sinne belegtes Brot. In diesem Fall sind es aber sind mehrere Lagen Weißbrot ohne Rand und dazwischen Mayonnaise, Meerrettich oder andere Saucen und dann - ganz nach Wunsch - entweder Fisch oder Fleisch, das alles in verschiedenen Größen, je nach Anzahl der Gäste.
Auf dem Foto sieht man die Fischversion (so eine hatten wir auch auf dem Frühstück), d.h. obendrauf Krabben und Fischeier, dazwischen (meist) Lachs. In der Fleischvariante ist es dann z.B. Roastbeef, Schinken und Leberpastete.

So eine Tårta ist tatsächlich ganz lecker und für eine Party oder Gäste im Haus ziemlich praktisch. Vor allem, da man es hier überall bestellen kann. Es gibt sogar eigene Läden (Smörgåsbutiken genannt) dafür, man kriegt sie aber auch im Supermarkt an der Theke. Sie ist auch ziemlich mächtig, so dass man eigentlich nach einem mittelgroßen Stück ziemlich satt ist. Und natürlich sieht es schick aus, so lange die Tårta ganz ist auf dem Buffet. Ist sie allerdings erstmal angeschnitten, ist es etwas weniger schön...  :-)
Es erinnert mich ein bisschen an diese 50er- und 60er-Jahre-Partyessen mit Käseigel und russischen Eiern und so...
Aber wie gesagt: Nicht schlecht!

Auf dem letzten Frühstück hatte ich auch einen Geheimtipp bekommen, wo man hier am besten Kinderschuhe kaufen kann. In Malmö selbst sieht es damit nämlich etwas schlecht aus (warum auch immer). Aber mir wurde berichtet, dass man raus aufs Land fahren kann und auf einem Bauernhof namens Magleholm in einer Scheune (sic!) wunderbarste Schuhe und Kinderklamotten bekommen könnte. Hörte sich seltsam an, aber für solche Abenteuer sind wir ja schließlich ins Ausland gezogen.
Also sind wir letztes Wochenende losgefahren, etwa 20 km südöstlich von Malmö. Die Straßen wurden immer kleiner und irgendwann waren sie nicht mehr asphaltiert - aber wir haben ja zum Glück einen Geländewagen, wie ca. 80 % der Schweden. Als wir tatsächlich über den Feldweg gefahren sind, habe ich etwas an unserem Navi und meiner Adresse gezweifelt, aber dann kam tatsächlich ein Bauernhof mit schöner Alleeauffahrt und einer Scheune mit einem "öppnet"-Schild daran:

Das sind nicht wir auf dem Foto!

Und drinnen dann tatsächlich ein Klamottenparadies - nicht nur für Kinder, sondern auch für die Eltern - ich habe mir auch einen Rock gekauft und beinahe ein paar Schuhe. Das ganze geführt von einer sehr netten Dame, deren Kinder auch auf unsere Schule gehen, so dass wir gleich ein paar extra-Prozente bekommen haben. Wir sind mit drei Paar Kinderschuhen, zwei Hosen, mehreren T-Shirts und eben einem Rock für mich wieder nach Hause gekommen. Unglaublich, aber wahr!

Nachtrag: Auf schwedischen Webseiten sind neben der Adresse häufig auch die GPS-Koordinaten angegeben. Falls das Navigationsgerät also den einsamen Bauernhof im Nirgendwo am Nordpolarkreis nicht kennt, kann man immer noch die Koordinaten eingeben. Magleholm findet man z.B. hier:

RT90: X: 6157585, Y:1331110
WGS84: Lat N 55° 31′ 6″   Lon E 13° 7′ 52″
Decimal: 55.5186, 13.1312

Donnerstag, 20. März 2014

Kurz und französisch - 20.03.2014

Die Schweden sind ja der angelsächsischen Kultur durchaus zugewandt. Filme gibt es ausschließlich mit Untertiteln - sowohl im Fernsehen als auch im Kino, was zu den guten Englischkenntnissen der Schweden beiträgt (da ja doch die meisten Filme aus USA kommen, allerdings habe ich hier im Fernsehen auch schon deutsche Filme gesehen).

Anscheinend gibt es aber trotzdem nur wenige Ängste, was die eigenen Sprache betrifft - jedenfalls habe ich noch keine solche Diskussion mitbekommen. Befürchtungen wie im Deutschen, dass alle bald nur noch Denglisch sprechen, sind mir bisher nicht begegnet.

Das mag auch an der Nonchalance liegen, mit der das Schwedische Wörter aus anderen Sprachen "einschwedischt". Besonders schön sieht man das am Französischen. Wenn ich an die Diskussion zurückdenke, wie man (im Deutschen) Portemonnaie nach der Rechtschreibreform schreiben sollte (Portmonee) und die Befürchtungen über den kulturellen Niedergang, der damit drohe, finde ich es um so netter, wie gelassen die schwedische Sprache damit umgeht.

Hier eine Auswahl schwedischer Wörter und man darf raten, welche entsprechenden französischen dahinter stehen (ist nicht wirklich schwer...)

  • Restaurang     - ok, zu leicht? Dann etwas anspruchsvoller (nicht vergessen: å = o):
  • Fåtöjl              - na, erraten? 
  • Talang             - gibt's auch als Fernsehsendung (Sverige har ...)
  • Toalett             - wieder etwas einfacher, ebenso wie...
  • Trottoar           - und...
  • Paralply           - vielleicht wieder etwas schwieriger?
  • Byrå                - und jetzt mal Richtung Theater:
  • Aktör               - und nochmal Theater, aber schwieriger:
  • Pjäs                  - jetzt was, das sich das Deutsche aus dem Englischen geholt hat: 
  • Evenemang      - und noch was leichtes zum Schluss:
  • Salong
Falls tatsächlich eine Auflösung nötig sein sollte, schreibt mir was in die Kommentare unten hinein.

Ein paar schwäbische Wörter habe ich auch noch entdeckt, zB fängelse (= Gefängnis. Ich glaube, das ist direkt dem Schwäbischen entnommen: s' Schdammheim-fängelse, oder?). Die anderen fallen mir gerade nicht ein. Ein andermal. 
Bis bald!


Samstag, 1. März 2014

SFI - Svenska för invandrare - 01.03.2014

Jetzt muss ich endlich mal über meinen Schwedisch-Kurs schreiben, den ich seit Anfang Januar täglich von 8 Uhr bis 13 Uhr besuche. Jeder Einwanderer hat in Schweden das Recht, einen solchen Kurs zu besuchen. Je nach Lebenssituation und Ausbildung gibt es Intensivkurse wie meinen oder weniger intensive Kurse, die dann nur ein oder zwei Mal die Woche stattfinden.

In dieser Schule ("Folkuniversitetet" genannt) treffen sich nun Schülerinnen und Schülern aus tatsächlich allen Ecken und Enden der Welt. Dabei sind die Gründe, warum jemand nach Schweden gekommen ist, durchaus unterschiedlich. Es gibt politische Flüchtlinge, die persönlich verfolgt wurden, es gibt Kriegsflüchtlinge aus Syrien, Afghanistan, Irak und es gibt welche, die einen Schweden oder eine Schwedin geheiratet haben oder heiraten wollen und deswegen den Kurs besuchen. 
In meinem ersten Kurs hatten wir daher zwei Syrer, drei Palästinenser (die meist in Syrien gelebt hatten und daher aus Syrien geflüchtet sind), zwei Afghanen, eine Irakerin, die jedoch lange in den USA gelebt hat und zwei Iraner, einen US-Amerikaner, einen Brasilianer, einen Engländer, zwei Polinnen, eine Chinesin, eine Russin, eine Malaiin, einen Äthiopier, eine Italienerin, einen Filippiner, eine Montenegrinerin und mich. Jeder sollte eine Präsentation über sein Heimatland machen, daher weiß ich so genau, wo jeder herkommt. Diese Präsentationen waren wirklich hochinteressant, über die Sprachen, traditionelle Kleidung, Essen, Kulturschätze... Politik wurde weitgehend draußen gelassen (auch weil dafür unser Schwedisch noch nicht ganz ausreicht). Aber der US-Amerikaner - ein total netter, cooler Kalifornier, der mit einer Schwedin zusammen ist - meinte zu mir, er wäre ja hier nun der "bad guy", da die USA ja einigen Heimatländern Krieg führen oder geführt haben. Ich meinte nur: "Wem sagst Du das - ich komme aus Deutschland..."

Von links stehend: Polen, Afghanistan, Syrien, Italien, Äthiopien, Irak, Palästina, Afghanistan, Palästina (hinten), USA (vorne), Afghanistan, Deutschland, Russland, Großbritannien, Brasilien, ??, Iran, Afghanistan, China.
Von links sitzend: Philippinen, Afghanistan, Syrien, Polen 


Anfang Februar habe ich dann auf Anraten meiner Lehrerin den Sprachtest mitgeschrieben, bestanden und konnte nun in den nächsthöheren Kurs wechseln (und habe dadurch übrigens ein echtes Zeugnis bekommen - auf Schwedisch!). Hier gibt es noch zwei Thailänderinnen, eine Jamaikanerin, eine Nigerianerin, einen Peruaner. Mit einem Kameruner unterhalte ich mich regelmäßig auf Französisch (was nicht so leicht ist, wenn man gerade zwei Stunden Schwedisch gelernt hat, dann sich auf Englisch unterhalten hat, was die meisten doch besser beherrschen und dann plötzlich noch Französisch dazukommt - ich krieg noch nen Knoten ins Hirn!)

Diese Woche haben einige in einer Präsentation u.a. über ihre Berufe berichtet. z.B. ein Pathologe (das sind NICHT die Gerichtsmediziner! Pathologen untersuchen Gewebeproben auf z.B. Krebs) aus Homs in Syrien, oder ein (junger) Archäologe, ebenfalls aus Syrien. Ein Palästinenser hat in Palästina Projekte für die WHO gemacht, ein junger (ich glaube) Afghane macht gerade eine Ausbildung für CNC-Maschinen. Ich habe allerdings nicht über meinen Beruf berichtet, sondern über den Vasaloppet, da ich das alles ja schon hier in meinem Blog aufgeschrieben hatte und so die Präsentation relativ schnell erstellen konnte. :-)

Natürlich treffen hier auch die unterschiedlichsten Mentalitäten aufeinander, allein schon, weil die Altersstruktur ziemlich gemischt ist. Von 22 bis 66 ist alles vertreten. Und ich stelle fest, dass ich erstens auf jeden Fall Vorurteile habe - Frauen mit Kopftuch, die nichts sagen, "arabische" Männer, die grundsätzlich laut und undiszipliniert sind, generell alle "Südländer", die immer früher gehen oder zu spät oder gar nicht kommen. Zweitens stelle ich fest, dass man sich gerade in dieser Schule alle seine Vorurteile ganz leicht selbst bestätigen kann. Drittens allerdings halten sie einer genauen Prüfung nicht stand: Den besten Kurztest in meiner neuen Klasse hatte ein Syrer geschrieben, der weder laut noch undiszipliniert ist. Das Zu-spät-oder-gar-nicht-kommen hat damit zu tun, dass manche parallel eine Ausbildung machen oder arbeiten und daher nur zwei oder drei Tage die Woche kommen können. Außerdem habe ich mich dabei ertappt, dass ich dachte, unsere Kalifornier hat eine "coole Einstellung", wenn er nur gelegentlich auftauchte, bei den Afghanen hatte ich aber einen "na klar, typisch, keine Disziplin"-Gedanken - für das gleiche Verhalten... Eine Syrerin macht gleichzeitig noch einen Englischkurs und muss daher immer eine Stunde früher gehen. Ein kopftuchtragendes junges Mädchen lässt sich weder auf Englisch, Schwedisch noch auf Persisch irgendetwas von irgendwem sagen und bietet immer schnell und schlagfertig Paroli. Der große, gut aussehende Palästinenser und seine ebenso gut aussehende Schwester (ohne Kopftuch) sind unglaublich schüchtern und sagen fast nie etwas. Die immer leicht arrogant und gelangweilt dreinblickende Jamaikanerin ist eigentlich total nett. Und so weiter, und so weiter. 

Jedenfalls finde ich es unglaublich bereichernd, diesen Kurs besuchen zu dürfen. Es ist anstrengend, es ist schwierig, man muss sich selbst im Zaum halten und darf nicht jeden Spruch machen - aber man lernt so viel Neues, nicht nur die Sprache! Fantastisch!

Und im übrigen zur "deutschen" Disziplin: Ich komme immer dann fast eine dreiviertel Stunde zu spät, wenn Chris auf Dienstreise ist und ich daher die Kinder in die Schule bringen muss; das war zuletzt gar nicht so selten. Und letzten Dienstag bin ich früher gegangen, um mit anderen deutschen Müttern von der Schule meiner Kinder noch nen Kaffee zu trinken....